selbstbestimmtes Lernen

Selbstbestimmtes Lernen

Viele Familien haben während der Phase des Distanzlernens erfahren welchen enormen schulischen Zwängen und Belastungen sie und ihre Kinder ausgesetzt sind.

Der weitläufige Umgang mit der aktuellen Situation beraubt uns vieler Freiheiten und legt uns viele Zwänge auf. Diese stehen im starken Gegensatz zu unserem natürlichen Bedürfnis nach Selbstbestimmung und freier Entfaltung.

Meine eigenen Erfahrungen in dieser Zeit haben mir verdeutlicht welchen äußeren Zwängen unsere Kinder auch auf einer alternativen Schule ausgesetzt sind.  Nach einiger Zeit haben wir mit unsere Tochter in der Grundschule das Lernpensum auf ca. 1 Stunde pro Tag festgelegt. In dieser Stunde haben wir z.B. Gedächtnistraining, Sachaufgaben, Experimente, Lernspiele wie Galileo oder Brain Gym Übungen durchgeführt und dies in einer Lerndokumentation notiert. Auch Gartenarbeit, Gesamtsumme des Einkaufs schätzen und am Kassenzettel überprüfen oder die Gartenfläche schätzen und berechnen, sind für uns sehr wertvolle Lernerfahrungen, die wir notiert haben. In dieser Zeit lernten wir eine Bäurin aus Thüringen kennen, die uns Aufgaben aus ihrem täglichen Hofleben per SMS zusendete. Wir berechneten mit anschaulichem Materialien für sie Zaunlänge und -kosten sowie den Deckungs- und Ablammtermin für ihr Schaf. Vielleicht können wir im Herbst die Bäurin besuchen und uns unsere Ergebnisse vor Ort ansehen.

Im Juni besuchten wir einen Gnadenhof mit vielen verschiedenen Tieren, wie Pferde, Ponies, Esel, Lamas, Ziegen, Rinder, Gänsen, Papageien, Hunden und Katzen. Zur Vorbereitung las Anna die Hintergrundgeschichte jedes einzelnen Tieres durch, die wir von der Homepage ausdrucken und als Heft mit Spiralbindung fertigen ließen. Ebenso lernten wir die englischen Begriffe aller Tier am Gnadenhof mit einem selbsterstellten deutsch-englisch Gnadenhof-Tiermemory.

Beim Gnadenhof vor Ort halfen wir u.a. beim Stall ausmisten, Ponies striegeln, führen, Pferde füttern, Hundetraining.

Anna mit Pony Moritz, 40 Jahre, auf einem Auge blind

 

Unserem Sohn haben wir es überlassen wie viel Zeit er für die Schule investieren möchte. Wir lernten dadurch loslassen und trauten ihm mehr Selbständigkeit zu. Insgesamt ist es unserem Sohn sehr gut gelungen, sich sein Lernpensum selbst einzuteilen. Nach unserer Beobachtung fand auch ein intensiver Descoolingprozess statt (alles schulische wird in dieser Phase vermieden bis wieder ein Gespür vorhanden ist für das was sich frei aus sich heraus entfalten möchte). In dieser Zeit machte er einen großen Entwicklungsschub besonders hinsichtlich Selbstvertrauen, Selbstständigkeit und Eigenorganisation. Seine Große Praktische Arbeit (das ist der interne Montessori-Abschluss der Achtklässler, bei dem die SchülerInnen ein Werkstück ihrer eigenen Wahl innerhalb einer vorgegebene Zeit erstellen, dazu eine Facharbeit schreiben und ihre Arbeit vor einem größeren Publikum aus Eltern, Schülern, Lehrern und Gästen aus Wirtschaft, Bildung und Kultur vorstellen), hat er weitgehend selbständig in die Hand genommen und hat beim Design und Erstellen seines eigenen Logos auf Leinwand wunderbares künstlerisches Talent gezeigt. Die Präsentation seines Kunstwerkes ist ihm ganz großartig gelungen.

Wertvolle Anregungen für diese spannende Freilernphase mit unseren Kindern fand ich u.a. bei Svenja Herget, erfahrene Mama von vier Kindern mit umfangreichen Erfahrungen in der Durchführung von Homeschooling.

Auf ihrer Homepage und ihrem Telegrammkanal gibt sie viele wertvolle Impulse u.a. auch zur Lerngruppengründung.

https://homeschooling-wagen.org/

Ricardo Leppe, ein junger lernbegeisterter Mann, Gedächtnistrainer und Zauberer, der weitgehend ohne Schule in den Anden Südamerikas aufgewachsen ist, gibt u.a. wertvolle Anregungen mit Kindern spielend leicht in kürzester Zeit zu lernen.

Auf seiner Homepage

https://www.wissenschafftfreiheit.com/

bietet er u.a. 100 Lernvideos, Supportgruppen für Lernfächer, Infos zur Gründung von Lerninitiativen für Eltern, SchülerInnen und alle Interessierten auf freiwilliger Spendenbasis an.

Die seit 2011 betriebene be:bi Betreuung und Bildung gemeinnützige GmbH und anerkannter Träger der freien Jugendhilfe

https://lernen-im-freien.eu/

regt ebenfalls zur Wiederentdeckung der natürlichen Lernbegeisterung, für Freude, Freiheit und Selbstbestimmtheit an und unterstützt Eltern und Schüler dabei eigene Lerngruppen zu gründen.

Es ist davon auszugehen, das dass Bedürfnis nach selbstbstimmter Entwicklung mit zunehmenden Reglementierungen von Außen wächst. Bei dem einen oder anderen wird vielleicht auch der Wunsch nach freier Lernentfaltung ohne Schule (wieder) lebendig(er). Lernen ohne Schule ist allerdings in Deutschland rechtlich verboten, da in Deutschland Schulpflicht besteht. Wer diesen Schritt wirklich gehen möchte, sollte sich gut informieren z.B. bei erfahrenen Familien bei dem Bundesverband natürlich Lernen e.V.

https://bvnl.de/

da dieser Schritt früher oder später unweigerlich Konfrontation mit Behörden mit sich bringt.  Es gibt Familien die trotzdem für sich erfolgreiche Wege zum freien Leben ohne Schule in Deutschland bzw. durch (Welt)Reisen gefunden haben und mit ihren Berichten, Vorträgen und Büchern hilfreiche Inspirationen für mehr Lernfreiheiten geben. Diese besonderen Zeiten bieten aktuell Möglichkeiten den Weg des Befreiungsantrages zu wählen, die Schulpflicht zu erfüllen und dabei neue Lernwege allein oder mit anderen z.B. in Lerngruppen zu Hause, im Freien, in einer Ergänzungsschule etc. auszuprobieren und zu erforschen. Manche SchülerInnen wollen in dieser Zeit von sich aus aktiv werden und anderen SchülerInnen beim Lernen mit ihren Erfahrungen helfen und eine eigene Lerngruppe bilden. Es gibt derzeit viele verschiedene Ideen, Möglichkeiten und Wege.

Das wichtigste scheint mir (wieder) auf die eigenen Fähigkeiten in uns zu vertrauen, mit uns selbst immer wieder in Verbindung zu sein, uns zu spüren, uns Auszeiten im Alltag zu gönnen, öfter eine Medienpause einzulegen, einfach tun was uns wirklich Freude macht, auch wenn es vielleicht sonst keiner in unserer Familie oder Freundeskreis macht. Mit sich in Verbindung zu sein kann helfen die gemeinsame Zeit zu schätzen, die Beziehung und das Miteinander in den Vordergrund zu stellen und weniger die Quantität an häufig unverdauten und nicht verinnerlichten Wissensinhalten, die oft nichts mit unseren Kindern selbst, ihrem Leben, Wesen, Träumen und Zielen zu tun haben. 

Ich wünsche viel Mut, viel Freude und viel wundervolle Erfahrungen beim Ausprobieren eigener Lernwege in Richtung selbstbestimmtes und freies Lernen, wie es für jeden Einzelnen gerade stimmig und umsetzbar ist.